Kindeswohlgefährdung hat viele Gesichter. Nicht immer äußert sie sich durch blaue Flecken, schmutzige Kleidung oder sichtbare Unterernährung. Es gibt auch Kinder, die augenscheinlich ein ganz normales Leben führen, aber innerlich still leiden. Deren Eltern es zu verstehen wissen, das Bild der Familienidylle nach außen hin zu wahren. Denen man nicht zutrauen würde, den Kindern gegenüber gewalttätig zu werden.
Unsichtbare Misshandlungen
Hannah* kommt aus so einer Familie. Die Eltern haben studiert, arbeiten in guten Berufen, wollen Karriere machen und sind abends müde, wenn sie nach Hause kommen. Hannah stört dann oft, das hat Papa ihr schon mehrmals gesagt, wenn sie einmal wieder zu wild spielte. Dabei freut sich die Neunjährige doch einfach nur, wenn Mama und Papa endlich nach Hause kommen, nachdem sie so lange alleine war.
Aber Papa wird dann oft laut und macht auch manchmal Dinge kaputt, die Hannah mag. Zum Beispiel ihre Lieblingspuppe. Der hat er neulich den Kopf abgerissen und ihr gesagt, dass sie daran selbst schuld sei. Schließlich könne sie sich doch auch mal leise beschäftigen. Die Situation ist dann richtig eskaliert: Denn Hannah konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten, als sie die kaputte Puppe sah. Aber ihre Eltern mögen es nicht, wenn sie weint. Schließlich ist sie kein Baby mehr. Mama fing dann auch an zu weinen und da wurde Papa richtig sauer. Er schimpfte noch mehr mit Hannah und sagte, dass sie dafür verantwortlich sei, wenn Mama traurig ist. Zur Strafe setzte er sie in die Badewanne und duschte sie minutenlang mit eiskaltem Wasser ab. Diese Strafe findet Hannah noch schlimmer, als wenn sie ganz lange mit dem Gesicht zur Wand in der Hocke warten muss, bis Papa ihr erlaubt, wieder aufzustehen.
Am nächsten Morgen war Papa nicht mehr sauer. Er brachte Hannah sogar mit dem Auto zur Schule und erinnerte sie noch einmal daran, dass sie niemandem von dem Streit erzählen darf. Das sei ihr Geheimnis …
Die traurigen Zahlen
Im Jahr 2022 wurden allein in Sachsen 2.698 Kinder in Obhut genommen. Eine Inobhutnahme ist dann notwendig, wenn das Kindeswohl – sowohl körperlich als auch seelisch – gefährdet ist. Da man seelische Gewalt so schwer erkennen kann, bekommen Kinder wie Hannah nicht selten viel zu spät Hilfe. Erst als die Neunjährige das Essen verweigerte und anfing, sich selbst zu verletzen, kam die Schulpsychologin dem familiären Grauen auf die Spur.
Hannah hat inzwischen in unserem Albert-Schweitzer-Kinderdorf in Dresden ein Zuhause gefunden. Sie erfährt nun zum ersten Mal in ihrem Leben, wie sich Geborgenheit anfühlt. Sie sieht, dass es in Ordnung ist, auch einmal wild zu spielen und niemand sie dafür bestraft, wenn sie einmal laut lacht oder ihr ein Fehler passiert. Endlich darf Hannah ein Kind sein.
Doch was ihrer kleinen Seele passiert ist, wird nicht von allein einfach wieder gut. Es bedarf viel Fingerspitzengefühl unserer Hauseltern und Pädagogen, um dem Mädchen bei der inneren Heilung zu helfen.
Mit Ihrer Spenden können Sie helfen
Im Albert-Schweitzer-Kinderdorf in Sachsen e.V. geben wir Kindern wie Hannah ein Zuhause. Unsere Arbeit ist nur durch Spenden möglich. Jede Spende ist von unschätzbarem Wert und trägt dazu bei, das Leben unserer Schützlinge zu verbessern. Schon mit einem kleinen Betrag können Sie Großes bewirken. Auch mit einem Dauerauftrag (z.B. als Lastschrift), geben Sie unseren Kindern planbare Sicherheit.
*Name zum Schutz des Kindes geändert.