Kinder, die in unserem Kinderdorf aufgenommen werden, haben einen langen Weg hinter sich. Meistens sind es Erzieher*innen in der Kita oder Lehrer*innen in der Grundschule, die merken, wenn zu Hause etwas nicht stimmt. Erhärtet sich der Verdacht, muss das Jugendamt schnell handeln und schlimmstenfalls eine Inobhutnahme einleiten.

Ganz gleich, wie schlimm die bisherigen Erfahrungen in der Familie waren – von den Eltern getrennt zu werden, auch, wenn es zum Wohl des Kindes ist – ist für jedes Kind eine einschneidende Erfahrung.

In unserem Kinderdorf angekommen, beginnt die Aufarbeitung der bisher erlebten Traumata. Die Kinder und Jugendlichen haben zwar verschiedene Erfahrungen gemacht, eines aber gemeinsam: die Verwahrlosung oder Gefahr im Elternhaus war so immens, dass sie nicht bleiben konnten. Manchmal spielen sexueller Missbrauch eine Rolle, oft Drogenkonsum.

Malen als Therapie

Bei der Aufarbeitung helfen verschiedene Therapien, wie etwa eine Gesprächstherapie bei Psycholog*innen. Doch manchmal sitzt das Trauma so tief, dass die jungen Menschen keine Worte für das Erlebte finden. Wenn die Worte fehlen, kann eine Maltherapie helfen. Britta Fahr ist eine ausgebildete und zertifizierte Kunst- und LOM-Therapeutin (LOM = Lösungsorientiertes Malen) und seit einem halben Jahr unterstützend in unser Kinderdorf eingebunden.

„In der Maltherapie können sich die Kinder ausdrücken, ohne sprechen zu müssen. Manchmal offenbart sich dann etwas, das vorher tief im Verborgenen lag“, sagt Britta Fahr. „Die Maltherapie nutzt den visuellen Kanal, um das Trauma zu verbildlichen und damit die Gesundung der Seele zu fördern.“ Dieser Prozess dauert jedoch sehr lang und ist bei jedem unterschiedlich.

Für drei unserer Kinder nehmen wir seit einem halben Jahr eine regelmäßige Maltherapie in Anspruch. Eins davon ist Jonna* (11). Das Mädchen kam mit zwei Jahren in unser Kinderdorf und arbeitet hart an der Aufarbeitung seiner Vergangenheit. Jedoch kann Jonna nach wie vor nicht alles, was sie fühlt, in Worte fassen. Das führt dazu, dass sie viele Sachen in sich hineinfrisst und ihr Kummer noch größer wird. Die „Lösungsorientierte Maltherapie“ (LOM) hilft Jonna dabei, sich auszudrücken. Da diese Therapie nicht von den Kassen getragen wird, sind wir immer wieder auf Spenden angewiesen. Eine Einheit (90 Minuten) kostet 80 Euro.

Handwerk als Projekt

Britta Fahr begleitet aber nicht nur die drei Kinderdorfkinder in einzelnen Therapiesitzungen. Sie führt auch Projekte durch und kommt dazu ins Kinderdorf. So sind schon wunderbare Bilder mit Schutzgestalten entstanden, aber auch Kunstwerke aus Seife und Holz. „Wenn sich Kinder handwerklich betätigen, merken sie, dass sie selbst wirksam sein können“, erklärt Britta Fahr. „Ich schaffe den Kindern im Vorfeld einen Raum und lasse sie dann in ihrem Tempo arbeiten und sich entwickeln. Die Freude und der Stolz, etwas Eigenes geschaffen zu haben, ist bei den kleinen Künstlern meist sehr groß und sie profitieren noch eine lange Zeit davon. Alle Kinder werden in ihren eigenen Kompetenzen wertgeschätzt, bekommen während der Projekte einen geschützten Rahmen und merken ‚Mensch, ich kann ja etwas richtig Tolles‘. Das kann das Selbstbewusstsein ungemein stärken.“

Am Ende des Projekts, das in unserem Kinderdorf in den Winterferien stattfand, gab es natürlich auch noch eine große Ausstellung. „Die Kinder wollten präsentieren, was sie geschaffen haben“, sagt Britta Fahr. „Das war ein wunderbarer Abschluss.“

*Name zum Schutz des Kindes geändert

Hier sehen Sie die im Projekt entstandenen Kunstwerke aus Holz (zum Vergrößern anklicken):

Hier sind die Schutzgestalten zu sehen:

Am Abend bereiteten die Kinder eine Ausstellung vor: